Wednesday, January 11, 2012

Besetzt!

Mal abgesehen vom Arabischen Frühling, der recht vordergründige Motive aufzuweisen hat, ist die Occupy-Bewegung für einige immer noch nicht recht erklärbar. Das mag vor allem damit zusammenhängen, dass wir es nicht mit einem Aufstand im erwarteten Sinne zu tun haben, der eine gesellschaftliche Neuordung unter nationalökonomischen Aspekten zum Ziel hat. Die Occupy-Bewegung ist eine Geisteshaltungs- und vor allem Generationenfrage, deren Deutlichkeit einem erst vor Augen geführt wird, wenn man einen Londoner Occupier neben einen aus Lagos stellt. Beide sind jung. Beide sehen besorgt in ihre Zukunft. Beide haben sich entschlossen, ihre Stimme zu erheben, aktiv zu werden, für ihre Meinung einzugestehen. Es macht dabei keinen Unterschied, dass der junge Engländer bereits Ausbildungsabschnitte absolviert hat, die seinem nigerianischen Mitstreiter vorenthalten wurden. Während der eine von der Möglichkeit träumt, überhaupt auf eine höhere Schule gehen zu können, steht der andere nach Abschluss des Studiums mit einem Haufen Schulden da und ist gezwungen, sich einem stetig verschärfenden Arbeitsmarkt zu stellen, um sich über Jahre oder Jahrzehnte hinweg wieder freizukaufen. Egal ob chilenische Studentenbewegung oder russische Demonstranten: Korruption, Ausbeutung, ungerechte Verteilung, Einschränkung der Menschenrechte, Intransparenz, Kostenabwälzung auf die unteren Schichten bis hin zu physischen Repressalien und staatlich verordnetem Massenmord - all das hängt zusammen und all das gilt es anzugehen, einzudämmen, zu beenden.

Entscheidend in den Bestrebungen nach globaler Veränderung hin zu Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit dürften die mittleren Generationen sein. Eingezwängt zwischen den aufmüpfigen Jungen und den nach Sicherheit strebenden Alten wird ihnen nicht nur die Rolle des Mediators zuteil. Der schleichende Werteverfall der vergangenen Jahrzehnte liess eine Kaste von sowohl skrupellosen, gierigen als auch lebensverachtenden Manipulationskünstlern erblühen, einer Elite, die diese Bezeichnung insofern nicht verdient, da ihre Errungenschaften und Ansprüche alles andere als auf Leistung im klassischen Sinne beruhen. Sie gilt es generationenübergreifen sichtbar zu machen, zu isolieren, aus ihren Ämtern und Positionen zu bekommen. Die Occupy-Bewegung ist schon mal ein klarer Ansatz dafür ..

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