Die Weltgemeinschaft versammelt sich. Neuerdings auf der Strasse. Selbst in den zivilisiertesten Gegenden, in denen man eigentlich saturierte Selbstgefälligkeit vorzufinden gedenkt, zeigt sich neben der erfahrenen Demonstrationsgemeinde, deren Portraits dank der effizienten Schulungen in Sachen Überwachungstechnik bereits mehrfach archiviert sein dürften - jawohl, der Staat hat Lernpotential bewiesen, indem er seinen uniformierten Wächtern der Exekutive ganz einfach die Schlagstöcke aus dem Halfter gezogen und dafür die Digitalkamera in die Hand gedrückt hat - mittlerweile ganz unverbrämt der moderne Wutbürger, dessen Empörung sich nicht in aufrührerischen Gesten zeigt, sondern einfach nur in der Anwesenheit auf der Protestveranstaltung und der damit verbundenen Okkupation des öffentlichen Raumes.
Die plötzliche Vermengung der gängigen Stereotypen, die sich gegen die Obrigkeit wenden, mit dem ja doch eigentlich über das Konsumverhalten gesteuerten hierachisch verträglichen Untertan (so dachten und denken noch einige der hiesigen Eierköpfe unter der Kuppel) verwässert das liebgewonnene Verhältnis zwischen 'denen' und 'uns', dass die Chefin vielleicht doch mal den Pendelzug zwischen Sarkozy und Ackermann sausen lassen und sich dem Occupy-Gedanken widmen sollte. Da das englische Verb ja nicht nur besetzen, sondern auch in Verbindung mit dem Personalpronomen sich beschäftigen bedeutet. Und zwar am besten mit den wirklich wichtigen Themen.
Zum Beispiel der Frage: warum muß gerade Griechenland nach dem Motto 'Böser Hund!' für das Unterlassen der Beratungspflicht seiner Kreditoren sühnen, die ihren Geschäftspartner sehenden Auges ins offene Messer haben laufen lassen? Möglicherweise, um dadurch so etwas wie einen finanzpolitischen Gazastreifen zu kreieren, der als Testsimulation für ungeplante Ausfälle dient? Sollte man dann nicht auch etwas mehr Nachsicht zeigen, wenn in Athen ausser den Häusern auch die eine oder andere deutsche Flagge abfackelt?
Und Stichwort Weltpolitik: weil die Unvereinten Nationen gerade wieder den Klassiker "Viele Köche verderben den Brei" ausgegraben haben und der syrischen Bevölkerung damit einen mörderischen Bärendienst erweisen, wäre ein taktisch durchdachter Vorstoss der deutschen Aussenpolitik eine durchaus willkommene Alternative. Könnte ja im Glücksfall die verlangsamte Reaktion während der letzten grossen UN-Abstimmung über den militärischen Einsatz in Libyen vergessen machen.
Stattdessen unglaublich in die Länge gezogenes Sanktionsgeplänkel. Gestern die Putzfrau aus der diplomatischen Vertretung in Damaskus abgezogen und das ganze als deutliches Signal verkauft, werden heute eine Handvoll der üblichen Verdächtigen demonstrativ ausgewiesen, um dem blutrünstigen Regime zu zeigen: "Wir können auch anders." Das allerdings wendet sich mit Kopfschütteln und eindeutigen Handbewegungen, die ein von der Weltkarte wischen signalisieren, von den selbsternannten Zeichensetzern ab und dem Abschlachten des eigenen Volkes wieder zu.
Ach, so ein Blick in die weite Welt da draussen offenbart doch mehr Probleme als man eigentlich damit beschäftigen kann, weht in Gedankenfetzen aus dem Kanzleramt. Unabhängigkeitskämpfe, Elend, Hungersnot .. wir können doch nicht alles auf einmal lösen. Zum Glück gibt's ja noch den Euro. Dessen Probleme sind nämlich hausgemacht, und mit Hausmannskost kennt sich Mutter Merkel prima aus. Wäre da nicht ihr Schwiegersohn-Ersatz aus Schloss Bellevue, der in Sachen öffentliches Ansehen in respektable Schieflage geraten ist - Journalisten stehen nun mal nicht besonders darauf, sich per Telefonansage ihren Job erklären zu lassen - das Vier-Uhr-Sonntagskaffeekränzchen wäre schon jetzt für die Ewigkeit bis zur nächsten Wahl manifestiert.
Das Rumoren der Welt ist in Form eines Raunens in der Republik angelangt. Stellt sich lediglich die Frage, ob die vergeistigt wirkende Koalition den Tag pflückt und auf das Begehren der Bevölkerung in konstruktivem Maße reagiert oder ob der Lärm, den die Finanztechnokraten mit ihrem Aktionstheater veranstalten, weiterhin alles übertönen wird, um sein Mantra des geforderten Stellenwerts in den Köpfen der Zuschauer und Co-Akteure zu verankern: 'Wir müssen jeden Eurocent zweimal umdrehen, bevor wir uns Themen wie Grund- und Menschenrechten widmen können.' In letzerem Fall können wir getrost davon ausgehen, dass der Rest der aussereuropäischen Welt bei der Lösung der wahren Konflikte ohne die Hilfe Deutschlands auskommen muß ..
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