Friday, December 23, 2011

Zwischen Den Zeilen

Bei der Berichterstattung der heimischen Öffentlich-Rechtlichen auf ihren jeweiligen Teletextseiten über die Explosionen in Damaskus herrscht eine auffällige Diskrepanz in der Wortwahl vor.
 

Bombenanschläge in Damaskus

Bei der Explosion von zwei Autobomben sind in der syrischen Hauptstadt mindestens 50 Menschen getötet und rund 100 Personen verletzt worden.

Nach Angaben des staatlichen Fernsehens richteten sich die Anschläge gegen ein Gebäude des Geheimdienstes und der Sicherheitskräfte. Es gebe erste Hinweise, dass Al Kaida an den Anschlägen beteiligt gewesen sei.

Es waren die ersten Bombenanschläge in Damaskus seit Beginn des Aufstands gegen das Regime von Präsident Assad im März.
 

(Quelle: ARDtext Seite 109 v. 23.12.2011 20:00)
 

Mehr als 40 Tote bei Anschlägen in Damaskus

In der syrischen Hauptstadt Damaskus sind nach Angaben des Staatsfernsehens zwei Anschläge auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte und des Geheimdienstes verübt worden. Dabei soll es über 40 Tote und über 100 Verletzte gegeben haben, wie das staatliche Fernsehen berichtete. Zwei Selbstmordattentäter hätten die Autobomben gezündet.

Zeugen sprechen von lauten Explosionen mit Rauchentwicklung und Maschinengewehrfeuer. Eine unabhängige Überprüfung von Berichten aus Syrien ist schwierig, da die meisten ausländischen Journalisten des Landes verwiesen sind.


(Quelle: ZDFtext Seite 128 v. 23.12.2011 20:00)


Der Text vom Zweiten geht in seiner Meldung deutlicher auf nötige journalistische Distanz zu dem Ereignis. Dass es stattgefunden hat, ist dabei weniger die Frage als wie es stattgefunden hat: zuviel spricht gegen die vom syrischen Staatssender propagierte ,sektiererischer Terror‘-Schiene mit dem Querverweis auf die bekannteste radikalislamische Terrorzelle noch vor der Hisbollah, die das Erste als mögliche Erklärung recht vorbehaltlos ausstrahlt.

Die seit mehr als einem dreiviertel Jahr andauernden Gräueltaten gegen die eigene Bevölkerung, die auf tausenden Youtube-Videos dokumentiert sind, werden - eingebettet in Webnews - fast immer mit dem letzten Satz des ZDF-Texts versehen; für die Versionen der staatlichen syrischen Medien sollte konsequenterweise die selbe Regel gelten. 1:0 fürs Zwote. 

Die suggestive Wirkung von Verben im vorderen Abschnitt der beiden Texte ist hier insofern nicht zu unterschätzen, da das Erste durch die verwendeten Indikative die Intention der ursprünglichen Verfasser indirekt eher verifiziert. Das Zweite hingegen verwendet zwar auch den Indikativ im ersten Satz, relativiert ihn allerdings durch den Zusatz ,nach Angaben von‘ und verweist mithilfe von ,soll‘ und ,hätten‘ die Nachricht des Wie eindeutiger in den Bereich der Spekulation. 2:0 fürs Zwote. 

Gerade weil es sich um das syrische Staatsfernsehen und die staatliche syrische Nachrichtenagentur handelt, sollte mehr als Vorsicht bei der Übernahme von Meldungen sein. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit ein sogenanntes Beobachter-Team der Arabischen Liga sicher in Damaskus gelandet ist, verschärft das Misstrauen gegenüber der staatlichen Sichtweise des Vorfalls. Die Sanktionen gegen das mörderische Regime sollten sich auch auf die Veröffentlichungen des syrischen staatlich kontrollierten Medienapparats erstrecken. Assad will mit aller Macht einen Bürgerkrieg mit religiösem Hintergrund auslösen, doch die eigene geschundene Bevölkerung fällt darauf partout nicht rein. Die Welt ausserhalb eines der letzten eisernen Vorhänge sollte dies auch nicht tun ..

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